Der Begründer des mongolischen Weltreichs hatte fünf Haupt- und etwa 500 Nebenfrauen. Zu seinem Harem gehörten auch die Gattinnen und Töchter seiner getöteten Gegner. Einigen gestand Dschingis Khan erheblichen Einfluss zu.
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Dschingis Khan ist eine Legende. Er herrschte über ein Reich vom Gelben bis zum Schwarzen Meer, das die Imperien der großen Eroberer Alexander und Napoleon weit in den Schatten stellte; übertroffen wurde er nur noch von seinem Enkel Kublai Khan. Dass er bei seinen Feinden keine Gnade kannte und seine Reiterkrieger grausam exekutierten, was er befahl, ließ ihn zum Schrecken und – nach seinem Tode – zum Schreckgespenst der Welt werden. Millionen Menschen wurden seine Opfer. Verschont blieb niemand.
Auch nicht die Frauen der besiegten Fürsten. Sie waren ihm eine besondere Beute. Das verrät seine Antwort auf die Frage, was denn die höchste Lust des Mannes sei. Die Söhne eines Khans, dem er sie gestellt hatte, meinten: „Die Jagd und besonders die Jagd mit Falken.“
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Dschingis Khan (ca. 1162–1227) hielt ihnen entgegen: „Wie ihr irrt. Die höchste Lust für den Mann ist es, Verschwörer zu strafen, Feinde zu besiegen, sie mit der Wurzel auszurotten und sich all dessen zu bemächtigen, was sie besitzen; ihre Weiber zum Schluchzen und Weinen zu bringen, dass ihnen die Tränen über Wangen und Nase laufen: ihre Pferde zu reiten, die Leiber ihrer lieblichen Gemahlinnen zu Schlafkissen und Ruhepolstern zu machen.“
Bereits zu Lebzeiten von Dschingis Khan und erst recht bald danach, waren vielerlei Geschichten über sein Verhältnis zu Frauen im Umlauf. So liest man in der „Historia Mongolarum“ des Franziskaners Johannes de Plano Carpıne (gest. 1252): „Dschingis Khans Untertanen waren völlig widerspruchslos. Was immer ihnen, unabhängig von Zeit und Ort, befohlen wird, wird befolgt, egal ob es sich um Krieg, Tod oder Leben handelt. Selbst wenn der Khan ihre jungfräuliche Tochter oder Schwester begehrt, geben sie sie ihm ohne Widerrede. Jedes Jahr oder im Abstand von einigen Jahren lässt er aus dem gesamten Tatarenreich Jungfrauen zusammensuchen. Wenn er einige davon für sich behalten möchte, so behält er diese. Die übrigen überlässt er seinen Männern, wie es ihm gerade passt.“
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Der Perser Raschid ad-Din (1247–1318) schrieb, Dschingis Khan habe rund 500 Frauen gehabt. Im „Yuanshi“, der 210 Bände umfassenden Geschichte der mongolischen Yuan-Dynastie, die von 1279 bis 1368 über China herrschte, werden immerhin die Namen von 23 Frauen und 16 Konkubinen genannt. Und die „Geheime Geschichte der Mongolen“, die älteste Chronik zu Dschingis Khan und seinen Vorfahren, die bald nach seinem Tode verfasst wurde, erzählt von mehreren Frauen, die ihm als Beute, Raub, Geschenk oder Unterpfand einer kriegerischen Allianz zufielen.
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Dazu gehörte „Gurbasu Chatun, die älteste der Gemahlinnen des Herrschers der Naiman-Mongolen, Tayan Khan. Er hatte sie sehr gern. Als Tayan Khan den Tod gefunden hatte, brachte man sie nach einiger Zeit zu Dschingis Khan, und er verheiratete sich mit ihr nach Sitte und Brauch der Mongolen“. Eine andere Gemahlin war die Tochter des Königs der Tanguten, der sie Dschingis Khan zum Andenken geschenkt hatte. Und nachdem er 1203 die Kereit besiegt hatte, nahm er sich Ibaqa Beki, eine Tochter des Bruders des Ong Khan, zur Frau. Und sein Sohn Tolui erhielt Sorqaqtani Beki, deren Schwester. Der Überblick fiel schwer: „Viele Frauen der Könige und Töchter der Emire waren Gattinnen Dschingis Khans, doch wurden sie nicht zu seinen Hauptfrauen gezählt.“
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Die Geschichte um Ibaqa Beki greift gut hundert Jahre später Marco Polo auf. Da wird sie zur Tochter des legendären Priesterkönigs Johannes, um deren Hand Dschingis Khan offiziell angehalten habe. Darauf erhielt er angeblich die Antwort: „Schämt sich Dschingis Khan nicht, um meine Tochter zu werben! Weiß er denn nicht, dass ich sein Herr bin und er mein Untertan ist! Kehrt zurück und meldet ihm: ‚Eher würde ich meine Tochter verbrennen, als sie ihm zur Frau geben. Sagt ihm, ich hätte allen Grund, ihn mit dem Tode zu bestrafen, denn er ist ein Verräter, ein treuloser Vasall.“
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Dschingis Khan ließ diese Schmähung nicht auf sich sitzen und zog gegen Johannes in den Krieg: „Es war ein grässliches Blutbad. Schwere Verluste auf beiden Seiten; am Ende hat Dschingis Khan den Sieg errungen. Priester Johannes ist in der Schlacht gefallen.“
In der „Geheimen Geschichte der Mongolen“ werden die Frauen des Khans nicht nur als schön, sondern auch als klug und tatkräftig charakterisiert. Stets nahm er eine zu seinen Kriegen mit. So soll er über Yesui, die ihn auf seinem letzten Feldzug gegen die Westlichen Xia begleitete, geäußert haben: „Ihre Worte sind immer die richtigsten.“
Yesui und ihre Schwester Yesugen, Töchter des besiegten und getöteten Tataren-Fürsten Yeke Cheren, gehörten zu seinen Hauptfrauen. An erster Stelle aber stand Börte, mit der er bereits mit sieben oder neun Jahren verlobt worden war, ehe er sie als erste mit 17 heiratete. Ihre Ratschläge respektierte er stets. Als sie ihn wissen ließ, während seiner Abwesenheit hätte sich eine Verschwörung gegen ihn gebildet, kehrte er umgehend zurück.
Als er einmal, weil er eine neue Frau mitbrachte, einen Boten vorausschickte, um einen Skandal bei seiner Ankunft zu vermeiden, soll sie ihm geantwortet haben: „Der Wille der Börte sowohl als das Verlangen des Volkes sind der Macht unseres Herrschers unterworfen. Im schilfigen See gibt es der Schwäne und Gänse viele: Ob der Herrscher bis zur Ermüdung seiner Finger seine Pfeile auf sie verschießen will, bleibt seinem Willen überlassen. Unter dem Volk gibt es der Jungfrauen und Weiber viele. Der Herrscher mag wissen, welche die Auserwählten und Glücklichen sind. Solche Sachen gehen uns Weiber nichts an.“
Besonderen Respekt hatte Dschingis Khan vor seiner Mutter Hoelun. Als sie erfuhr, dass er gegen seinen Bruder Qasar vorging, weil er glaubte, der wolle ihm die Macht streitig machen „schirrte sie unverzüglich ein weißes Kamel an und fuhr mit einem schwarzen Karren die Nacht hindurch. Als sie bei Sonnenaufgang anlangte, hatte Dschingis Khan seinem Bruder Qasar die Arme zusammengebunden und war dabei, ihn zu verhören. Dabei wurde er von der Mutter überrascht. Wutentbrannt stieg sie vom Karren, löste Qasars Fesseln und gab ihm Mütze und Gürtel zurück.
Unfähig ihrem Zorn zu unterdrücken, setzte sich die Mutter mit untergeschlagenen Beinen nieder, nahm ihre beiden Brüste heraus, legte sie auf beide Knie und sprach: ‚Seht ihr sie? Das sind die Brüste, an denen ihr gesaugt habt! Daher hast du, mein fähiger Temüdschin (Dschingis Khans ursprünglicher Name), die Gaben des Geistes, hat mein Qasar die Kraft und das Geschick im Bogenschießen bekommen. Und jetzt, wo ihr die Feinde zur Strecke gebracht habt, wollt ihr Qasar nicht mehr sehen?“
Nachdem er Hoelun beruhigt hatte, sagte Dschingis Khan: „Ich fürchte mich und fürchte mich und ich schäme mich und schäme mich, weil ich die Mutter erzürnt habe.“ Aber der Familienfrieden dauerte nicht lange. Dschingis Khan sorgte dafür, dass Qasar nur noch 1400 Mann unterstanden und er seine Macht nicht beeinträchtigen konnte.
Denn obwohl Johannes de Carpini schrieb: „Die Mongolen sind das gehorsamste Volk der Erde gegenüber ihren Führern ... sie verehren sie unendlich und sagen ihnen niemals eine Lüge. Es gibt bei ihnen keinen Streit, keine Meinungsverschiedenheiten, keine Morde“, waren die Chancen, dass sich der Großkhan ungefährdet jener „höchsten Lust des Mannes“ widmen konnte, oft mehr Wunsch als Wirklichkeit.
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